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Verkehrte Welt: Hilfe für das Agrobusiness

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Verkehrte Welt: Hilfe für das Agrobusiness
Konzerne sind die Profiteure der Entwicklungszusammenarbeit
The3. Juli 2015
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Seit einigen Jahren setzen reiche Länder, auch Deutschland, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit verstärkt auf die Kooperation mit Unternehmen, denen sie eine Schlüsselfunktion in der Armuts- und Hungerbekämpfung zuschreiben. Davon profitieren vor allem die industrielle Landwirtschaft sowie große Agrarkonzerne. 

Die Förderung privater Unternehmensinvestitionen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wird zur neuen Priorität erhoben. In Afrika zeichnet sich ein Trend zu Mega-Partnerschaftsprojekten mit Unternehmen ab, sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (PPP). Die Neue Allianz für Ernährungssicherung, die von Barack Obama im Jahr 2012 ins Leben gerufen wurde, ist bis dato die umfassendste Mega-PPP. Über einhundert Unternehmen sind beteiligt, darunter transnationale Düngemittel-, Chemie- und Saatgutkonzerne. Die Geldgeber unterstützen die Ziele dieser Mega-PPP in zehn afrikanischen Ländern mit 5,9 Milliarden US-Dollar.

In mehreren afrikanischen Ländern, die der Neuen Allianz für Ernährungssicherung angehören, spielen „Wachstumskorridore” eine wichtige Rolle. Dieses Konzept sieht vor, dass große Gebiete, meist mehrere hunderttausend Hektar, für die industrielle Landwirtschaft bereitgestellt werden. Allein in fünf Ländern -Tansania, Malawi, Burkina Faso, Mosambik, Ghana - beläuft sich die Fläche dieser Wachstumskorridore in der Startphase der Projekte auf 1,26 Millionen Hektar.

Der tansanische Wachstumskorridor SAGCOT umfasst in der Startphase bereits mehr als 350.000 Hektar. Beteiligt sind neben Agrar- und Lebensmittelkonzernen auch die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA; unterstützt unter anderem von der Bill & Melinda Gates-Stiftung), der UN-Ernährungsorganisation FAO, dem Weltwirtschaftsforum, der United States Agency for International Development (USAID) und der Weltbank. Auch die Agrarkonzerne Bayer, Monsanto, Syngenta, Yara und United Phosphorus sind mit dabei. Ihr gesamtes Jahreseinkommen ist mit knapp 100 Milliarden US-Dollar fast dreimal so groß wie das tansanische Bruttonationaleinkommen.

Vertreibung und Abhängigkeit durch Mega-PPP

Landwirtschaftliche Mega-PPPs sind riskant und ihre angeblichen Vorteile weitgehend spekulativ und nicht belegt. Ärmere Bevölkerungsgruppen können leicht übergangen werden. Auch die besonderen Herausforderungen von Frauen werden meist nicht berücksichtigt. Im Rahmen von Mega-PPPs, insbesondere in Verbindung mit Wachstumskorridoren, besteht ein hohes Risiko, dass Bauern und Bäuerinnen von ihrem Land vertrieben werden, wie die Entwicklung in Nigeria zeigt: Die lokale Regierung vergab 30.000 Hektar Land an das US-Unternehmen Dominion Farms - weshalb mehreren Tausend Bauern und Bäuerinnen die Vertreibung droht, um Platz für eine Reisplantage zu schaffen.

Als Alternative zum Erwerb von Land setzen Unternehmen insbesondere auf den Vertragsanbau oder einen größeren Nukleus-Betrieb, der umliegenden Bauern und Bäuerinnen Kredite, Betriebsmittel und Beratung zur Verfügung stellt und ihre Ernte aufkauft, die dann zentral verarbeitet und/oder gehandelt wird. Hierbei arbeiten Unternehmen mit eher „marktfähigen“ Bauern und Bäuerinnen zusammen, die „die Reichsten der Armen” im ländlichen Raum repräsentieren und nur zwei bis zehn Prozent der ländlichen Bevölkerung in den Ländern des globalen Südens ausmachen. Doch auch für diese können Risiken bestehen.

In Malawi stellen lokale Unternehmen beispielsweise ihren Vertragsbauern und -bäuerinnen Verwaltungsgebühren und Zinsen für bereitgestellte Betriebsmittel wie Düngemittel, Pestizide und ähnliches in Rechnung, die ihre Einnahmen erheblich schmälern. Gleichzeitig würden die Bauern und Bäuerinnen im Falle einer Vertragskündigung ihr Land verlieren. Auch können bestehende, marktbeherrschende Positionen verstärkt werden: So ist zum Beispiel Illovo Sugar Ltd., das von der EU und der Afrikanischen Entwicklungsbank gefördert wird, aktuell das einzige Unternehmen, das Zuckerrohr aufkauft, verarbeitet und handelt.

Umweltrisiken durch PPP

Viele Unternehmen in den Mega-PPP sind große Agrarkonzerne, die den massiven Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und teurem Industriesaatgut vorantreiben. Die Umweltrisiken, die von Mega-PPP-Projekten ausgehen, stellen so vor allem eine Bedrohung für die lokale Bevölkerung dar. Extensive Bewässerung in Investitionszielgebieten bedroht die Wasserverfügbarkeit für andere Nutzergruppen wie Kleinbauern und -bäuerinnen sowie ViehhalterInnen. Andere Gefahren der großflächigen industriellen Landwirtschaft sind Bodenerosion, Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Pestizide sowie Biodiversitätsverluste. Diese negativen Folgen bekommen jene Menschen am stärksten zu spüren, denen Mega-PPP angeblich nutzen sollen.

AutorInnenInfo

Marita Wiggerthale ist Referentin für Welternährung und Globale Agrarfragen bei Oxfam Deutschland. Dieser Text stammt aus der Broschüre „Konzernmacht grenzenlos: Die G7 und die weltweite Ernährung“, herausgegeben von Oxfam, INKOTA und anderen im Mai 2015. Kostenfreier Download unter www.oxfam.de/publikationen/konzernmacht-grenzenlos.

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